Landwirtschaft auf den Dächern großer Städte oder auf den Böden aufgelassener Industriestandorte und Verkehrsflächen haben immer mehr Anhänger gefunden. Bekanntestes Beispiel ist der ehemalige Berliner Flughafen Tempelhof, der heute von hunderten Städtern mit allen möglichen Obst- und Gemüsearten bepflanzt wird. Nach Berechnungen von Professor Klaus Lorenz von der Ohio State University werden in den Städten weltweit 67 Millionen Hektar bewirtschaftet. Das entspricht 5 % der weltweiten Ackerfläche. Daran sind 800 Millionen Menschen beteiligt. Das sichert vielen Ärmeren eine gewisse Grundversorgung mit Obst und Gemüse sowie ein kleines Zusatzeinkommen. Oft steht das Knüpfen sozialer Beziehungen im Mittelpunkt. Im Gegensatz zu den meisten Schrebergärten werden die urbanen Flächen gemeinschaftlich bewirtschaftet. Meistens sind es Jüngere (68 % sind zwischen 20 und 45 Jahre alt) und Frauen (72 %), die urbanes Gärtnern betreiben, wie eine Untersuchung der Universität Dortmund zeigt. Die Anlagen werden überwiegend ökologisch bewirtschaftet. Oft werden alte Sorten angebaut, und als Nährstoffquelle kommt überwiegend Kompost zum Einsatz (60 % häufig, 20 % manchmal); mineralische Düngung ist eher selten. Die Wasserversorgung kommt aus der Regentonne (40%) oder aus der Wasserleitung (60 %).
Bei aller Begeisterung fehlt es vielen Teilnehmern an pflanzenbaulichem Grundwissen, was schnell zu einer abnehmenden Bodenfruchtbarkeit und damit zu qualitativ minderwertigen Erzeugnissen führen kann. Die meisten Interessenten informieren sich im Internet durch Zeitschriften oder im Austausch mit anderen. Eine Fachberatung wird selten in Anspruch genommen. An der Berliner Humboldt-Universität werden bereits Lehrgänge im Urbanen Gärtnern angeboten. Mehr Informationen gibt es auf der Web-Seite: https://www.agrar.hu-berlin.de/de/institut/departments/daoe/bk/forschung/klimagaerten
Besonders problematisch ist die Altlastenfrage vieler Böden. In den ehemaligen Industriestädten der USA werden viele aufgelassene Fabrikgelände für die urbane Landwirtschaft genutzt. In New York wurden 1654 Proben von 904 urbanen Gärten untersucht. Dabei waren in 21 % der kommunalen Gärten und in 71 % der Privatgärten die Grenzwerte für Arsen und Blei überschritten. Lediglich 3 % aller Gärten konnten uneingeschränkt für die Nutzung empfohlen werden. Probleme bereiten ferner die Rückstände verschiedener organischer Chemikalien wie Benzol, Toluol oder Xylol. Ähnliches trifft auf deutsche urbane Gärten zu. 52% des Stadtgemüses aus Gärten in Berliner Innenstadtlagen überschritten den EU-Grenzwert für Blei in Lebensmitteln. Auch die Werte für alle anderen Schwermetalle waren höher als in den ländlichen Räumen.