Phosphor (ergänzt)

Ein Beitrag von Rainer Maché

Boden und Pflanze

Phosphor zählt zu den drei Hauptnährstoffen. Der P-Gehalt in den Feldfrüchten variiert zwischen 0.1 bis 0.5 %. Da es im Gegensatz zu den anderen Anionen im Boden kaum beweglich ist, hängt die kontinuierliche Phosphor-Versorgung vom Wurzelwachstum ab. Unter natürlichen Bedingungen erfolgt die Aufnahme durch die Wurzelhaare, die Wurzelspitzen, die äußeren Zellen der Wurzeln und durch das Mykorrhiza-Netzwerk. Dennoch wird maximal 20 bis 30 % des zugeführten Phosphors genutzt. Der Rest wird bei hohen pH-Werten in Form von Kalzium-Phosphaten, bei niedrigen pH-Werten in Form von Eisen-Aluminium-Phosphaten festgelegt. Das meiste Phosphat wird als Dihydrogenphosphat (H2PO4) aufgenommen; bei höheren pH-Werten kommt es zur verstärkten Aufnahme des Hydrogenphosphats (HPO42–); bei stark alkalischen Bedingungen liegt das Phosphat-Anion hauptsächlich als (PO43–) vor. Unter extrem sauren Bedingungen dominiert die Phosphorsäure (H3PO4).

Die Analyse des wasserlöslichen Phosphats erfasst das tatsächlich aufgenommene Phosphat nur unzureichend. Genauere Ergebnisse liefert die Analyse auf wurzellösliches Phosphat bzw. ab pH 7.8 der Olsen-Test. Der Phosphor aus Diammonphosphat wird über einen längeren Zeitraum aufgenommen; hingegen wird Superphosphat sehr schnell festgelegt. Beim Weizen ist die P-Aufnahme in den ersten 40 Tagen am wichtigsten; beim Mais hängt die P-Aufnahme sehr stark von der Mykorrhizierung ab.

N E U ! Immer wieder werden Beiträge publiziert, die einen weltweiten Phosphor-Mangel in den nächsten 80 bis 100 Jahren prognostizieren. Nach neuen Berechnungen trifft das nicht zu, wie dies eine Forscher-Gruppe des Julius-Kühn-Instituts um Professor Ewald Schnug vergangenes Jahr im Journal für Kulturpflanzen publiziert hat. Da heißt es u.a.: „Infolge einer Neubewertung der weltweiten P-Vorräte vervierfachte sich die Schätzung der wirtschaftlich ausbeut­baren P-Reserven von 16 Mio t Rohphosphat in 2010 auf 65 Mio t im Jahr 2011. Konservative Berechnungen gehen dennoch davon aus, dass in spätestens 172 Jahren die Reichweite der P-Vorräte erschöpft sein wird.“ Es wird empfohlen, die Rückgewinnung von P aus der Abwasseraufbereitung voranzutreiben, z.B. durch die Pyrolyse des Klärschlamms. Derzeit wird rund die Hälfte „des jährlichen P-Bedarfs der deutschen Landwirtschaft (326000–458000 t P) mit tierischen Wirtschaftsdüngern (152000–284000 t P) abgedeckt, während P-haltige Mineraldünger nur rund ein Viertel (124000 t P) der ausgebrachten Menge stellen.“ N E U ! In einem erst kürzlich erschienenen Beitrag aus dem Journal für Kulturpflanzen machte eine Arbeitsgruppe um Professor Schnug klar, dass sich die Löslichkeit des Phosphors bei langjähriger organischer Düngung  nicht von der Löslichkeit anorganischer Düngung unterscheidet. Um das zu untermauern suchte er nach einer geeigneten Methode, um das organische P besser als bislang zu erfassen. Die Professoren Steffens und Schubert behaupteten in ein Beitrag in den DLG-Mitteilungen (Heft Juni 2016), „dass die Verfügbarkeit von gedüngtem und im Boden befindlichem organisch gebundenen Phosphat nicht mit unseren Bodenuntersuchungsmethoden erfasst wird.“ Demgegenüber schlägt Professor Schnug als geeignete Methode eine Kombination aus Kolometrie und ICP-OES vor. Dabei handelt es sich um ein Verfahren der Plasma-optischen Emissions-Spektrometrie, die offenbar selten eingesetzt wird. ICP-OES erfasst das gesamte lösliche P, die Kolometrie nur das lösliche anorganische P. Das heißt durch Substraktion ergibt sich das lösliche organische P. Die Kombination dieser beiden Methoden ist auch in Hinblick auf die Diskussion zur neuen Dünge-Verordnung hilfreich, auch wenn noch bestimmte Fragen (Einfluss des Boden-pH und des Gehalts an organischem Kohlenstoff) geklärt werden müssen.
N E U ! Die P-Aufnahme reagiert sehr sensibel auf Änderungen im Wurzelraum. Bei Versuchen mit einer Parabraunerde hat sich gezeigt, dass eine ausreichende Wasserversorgung die P-Versorgung erheblich verbessert. Danach führt die Verdreifachung des Wasservolumens zu einer Steigerung des Diffusionskoeffezienten um das 45fache. Dadurch wird die P-Konzentration in der Bodenlösung immerhin noch um das 20fache gesteigert. Das heißt viel Wasser (aber nicht zu viel!) im Boden bedeutet viel Phosphor in der Pflanze! Wichtig ist auch die Lebendverbauung, sprich die Einbettung der Rhizosphäre mit Schleimstoffen. Diese Schleimstoffe helfen eine Art Wasser-Notreserve aufzubauen. Bei Trockenheit geht bekanntlich viel Wasser durch Transpiration verloren. In der Nacht findet aber keine Transpiration statt, sondern nur Evaporation. Dann sammelt sich das nach oben transportierte Wasser in der mit den Schleimstoffen ausgekleideten Rhizosphäre. Auf diese Weise wird nicht nur die Wasserversorgung, sondern aiuch die Diffusion des Phosphats zu den Wurzeln während der Trockenheit sichergestellt. Diese Effekte wurden in wissenschaftlichen Untersuchungen an Hafer und Zuckerrüben festgestellt. Ebenso wichtig sind die von den Wurzeln abgesonderten Exsudate, durch die die niedrigere P-Diffusion bei Trockenheit kompensiert wird. Die herkömmliche Bodenanalytik erfasst das nicht. Auch die Vorhersage der P-Aufnahme gibt kein wahres Bild. In Böden mit niedriger Versorgung war die vorhergesagte P-Aufnahme niedriger als die tatsächliche P-Aufnahme. Als Gründe nennen die Wissenschaftler die Steigerung der P-Aufnahme durch die Mykorrhiza und Änderungen in der Rhizosphäre.

Aus Marschner´s Mineral Nutrition of Higher Plants

Die novellierte Düngeverordnung (Stand vom 24.9.2015) bringt auch beim Phosphor einige Änderungen. Nach Angaben von Dr. Baumgärtel von der Landwirtschaftskammer Hannover dürfen auf mit P hoch versorgten Schlägen (über 20 mg P2O5 je 100 Gramm Boden) phosphathaltige Düngemittel höchstens bis in Höhe der Nährstoffabfuhr aufgebracht werden. Im Rahmen einer Fruchtfolgedüngung kann der Bedarf von höchstens drei Jahren zugrunde gelegt werden. Der Betriebsinhaber hat sicherzustellen, dass der Kontrollwert im Mittel der letzten sechs Düngejahre von 20 mg P2O5 je Hektar und Jahr nicht überschritten wird. Ab 2018 erfolgt eine Absenkung des Kontrollwertes im Mittel der letzten sechs Jahre auf 10 mg P2O5 je Hektar und Jahr. Nach dem aktuellen Entwurf sind die Kontrollwerte unabhängig von den Bodengehalten einzuhalten. Bei Überschreitung des zulässigen Wertes besteht eine Beratungspflicht, im Ernstfall der Nachweis einer Teilnahme an anerkannter Düngeberatung im Jahr der Feststellung. Bei Überschreitung liegt eine Ordnungswidrigkeit vor.

Funktionen

Das Nucleotid Adenosin-Triphosphat (ATP) ist der wichtigste Energieträger des Zellstoffwechsels für alle Lebewesen. Die im ATP gespeicherte Energie wird u.a. zur Aktivierung von Aminosäuren und Fettsäuren freigesetzt. ATP ist eines der Bausteine für die Bildung der beiden Träger des Erbmaterials , die DNS (Desoxy-Ribonucleinsäure) und RNS (Ribonukleinsäure); bekannter unter der englischen Abkürzung DNA und RNA. ATP ist vergleichbar mit der Lieferung des elektrischen Stroms. Deshalb muss es langfristig in Form von Glykogen und Stärke gespeichert werden, oder kurzfristig in Form von Kreatinphosphat.

Die beiden verwandten Nucleotide AMP (das M steht für Mono) und ADP (das D steht für Di = 2) haben vielfältige Funktionen, die sich von Art zu Art unterscheiden. AMP ist Bestandteil wichtiger Enzyme und Coenzyme. Bei höheren Pflanzen ist es an der Samenkeimung und am Streckenwachstum beteiligt. Die ADP-Glucose hilft beim Aufbau der Stärke. Die Umwandlung von ATP zu ADP ist die entscheidende Reaktion für die Versorgung der Zelle mit Energie.

Beim Nährstofftransport aus den Wurzeln in den Spross und umgekehrt ist ein hoher Energieaufwand erforderlich, um die Zellmembranen zu überqueren. Die erforderliche Energie wird durch das ATP und andere energiereiche P-Verbindungen gewährleistet.

Ohne eine angemessene Phosphor-Versorgung ist die Versorgung der Samen mit genetischen Grundbausteinen nicht gewährleistet, das heißt Phosphor ist die Blaupause für alle Aspekte des Pflanzenwachstums und der Pflanzenentwicklung. Leguminosen benötigen mehr Phosphor; die Rhizobien speichern bis zu dreimal mehr P als die Wurzeln und der Spross. Die Besiedlung mit Mykorrhiza unterstützt dabei die P-Aufnahme durch die Rhizobien.

Im Samen wird der Phosphor zu 80 % als Phytinsäure gespeichert. Jedes Korn enthält 1.5 % Phytinsäure. Diese Verbindung wirkt wie ein Chelat und fixiert Ca, Fe, K, Mg, Mn und Zn; dabei wird deren Verfügbarkeit erheblich eingeschränkt. Die Phytinsäure spielt in den keimenden Samen eine wichtige Rolle bei der Behebung von Defekten an den Erbanlagen und als Antioxidanz.

P-Mangel führt zu kleineren und weniger lebensfähigen Körnern. Bei Getreidesorten, die weniger als 50 % Phytinsäure enthalten besteht die Gefahr einer verringerten Keimfähigkeit. Die Phytinsäure wird während der Keimung durch das Enzym Phytase abgebaut. Weizen, Gerste und Roggen weisen eine hohe Phytase-Aktivität auf; Mais, Hirse und Sorghum zeigen anfänglich eine geringe Phytase-Aktivität, die sich nach der Keimung aber steigert. Phytasen kommen auch in Bakterien, Hefe und Pilzen vor, werden aber kaum durch die Monogastrier (sprich Mensch, Schwein und Geflügel) gebildet.

Weitere Funktionen sind die Beschleunigung der Abreife, die Ausbildung einer gewissen Winterhärte sowie ein bessere Krankheitsresistenz.

Mensch und Tier / Funktionen

Der pH-Wert des Blutes wird über drei Puffersysteme konstant gehalten; eines der drei Systeme ist der Dihydrogen-/Hydrogenphosphat-Puffer. Das Dihydrogenphosphat-Ion bildet den sauren Part, das Hydrogenphosphat-Ion den alkalischen Part. Auch alle Enzym-Systeme reagieren empfindlich auf pH-Wert-Änderungen.

Ein wichtiges Conzym ist das NADPH (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid-Phosphat-H (für Wasserstoff), das bei der Synthese von Fettsäuren und beim Abbau von mehrfach ungesättigten Fettsäuren benötigt wird. Die Reduktion von NADP+ zu NADPH ist auch wichtig für die Biosynthese von Nukleotiden, den Bausteinen der Erbanlagen.

Eine wichtige Substanz sind die Phospholipide; das sind Zellmembranen, die sowohl Wasser als auch fettlösliche Substanzen durchlassen.

Die Phytinsäure wird einerseits als möglicher Faktor zur Vermeidung verschiedener Krankheiten angesehen (u.a. Alzheimer, Krebs, Arthritis, Zirrhose, Parkinson). Grund für diese Annahme ist die Blockierung des Eisens , das dadurch nicht mehr oxidiert werden kann. Doch andererseits ist der in der Phytinsäure enthaltene Phosphor für Monogastrier kaum verfügbar. Deshalb erfolgt die Fütterung hauptsächlich über anorganisches Phosphat. Die Fütterung von Schweinen und Geflügel mit Getreide, das einen niedrigen Phytinsäuregehalt aufweist, führt zu schnellerem Wachstum und einer verbesserten Knochenstruktur. Durch die Zufuhr des Enzyms Phytase steigt die Verfügbarkeit der weiter oben beschriebenen Nährelemente. Beim Menschen wurde ein verstärkte Aufnahme von Eisen, Zink und Kalzium beobachtet. Beliebt sind die Phytasen auch beim Bäcker. Dadurch steigen das Brotvolumen und die Mineralien-Verfügbarkeit.

Die Anwesenheit von Phytinsäure hemmt die Polymerase-Ketten-Reaktion und entwertet dadurch die wichtige PCR-Analyse bei der Bestimmung von Mikroorganismen, die die Tiere besiedeln. Nicht zu vergessen ist der Umwelteinfluss. Durch das Phytinsäure arme Futter gelangt weniger Phosphor in die Umwelt.

Die Phosphor-Verdaulichkeit verschiedener Futtermittel variiert zwischen 18 % für Körnermais und 88 % für Fischmehl; durch die Freisetzung des Phytase-Enzyms beträgt die Verdaulichkeit von CCM 51 %. Weizen liegt bei 68 %, Gerste bei 45 %, Sojaextraktionsschrot bei 33 bis 37 %, Ackerbohnen bei 39 % und Rapsextraktionsschrot bei 24 %. Durch Zugabe von Phytase steigt die P-Verdaulichkeit fast überall auf 60 bis 70 %.

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Dr. Sonja Dreymann

Ich habe das Unternehmen Dreymann-Agrar 2015 gegründet mit dem Ziel, für die Landwirtschaft eine unabhängige Fachberatung zum Boden anzubieten. Mit den Bodenkursen unterstütze ich Landwirte und die weiteren landwirtschaftlichen Akteure (Beratungsvereine, Verbände etc.) im Norddeutschen Raum, sich mit einem neuen Blickwinkel der Bodenbewirtschaftung zu widmen und neue Methoden und Lösungsansätze anzuwenden.